Der Kulturrat Österreich ist seit über 20 Jahren Dachverband der Interessenvertretungen in Kunst, Kultur und Freien Medien. Aufbauend auf dieser Expertise hat der Kulturrat Österreich einen umfassenden Blick auf die Kunst-, Kultur- und Medienlandschaft geworfen: Wo gibt es Verbesserungsbedarf, welche langjährigen Forderungen bestehen in den einzelnen Sparten und wie können die Weichen für eine nachhaltige Entwicklung gestellt werden? Daraus sind Forderungen entstanden, die sich an die wahlwerbenden Parteien und die zukünftige Bundesregierung richten.


Die Freiheit der Kunst ist nicht verhandelbar. Kunst, Kultur und Freie Medien sind gesellschaftlich hoch relevant. Dem Publikum kommt ein zentraler Stellenwert zu als integraler Teil der Kunst- und Kulturproduktion. Die Arbeit des Kulturrat Österreich zielt auf eine offene demokratische Gesellschaft mit offenen Zugängen und Teilnahmemöglichkeiten für alle ab. Diskriminierung und Ausschlüsse haben in einer freien Gesellschaft nicht nur keinen Platz, sondern müssen aktiv bekämpft werden.

Kunst, Kultur und Freie Medien brauchen eine solide ökonomische Basis. Faire und angemessene Bezahlung muss die Regel sein ‒ wie in allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Trotz positiver Entwicklungsschritte in den letzten Jahren bleibt der Änderungsbedarf in der Budget- und Förderpolitik groß. Ebenso selbstverständlich braucht es Systeme der sozialen Absicherung, angepasst an die vielfältigen Arbeitsrealitäten in Kunst und Kultur. In beiden Feldern sind die Probleme seit Jahren bekannt. 

Kunst und Kultur sind auch Teil des Wirtschaftslebens. Die Creative Industries sind heute ein bedeutender Player für Beschäftigung und Wertschöpfung. Kunst und Kultur in allen Ausformungen sind ein zentraler Standortfaktor. Dennoch dürfen Kunst und Kultur nicht nur ökonomisch bewertet werden. Wichtig sind sowohl Regulierungen und Rahmenbedingungen als auch die Akzeptanz von Kunst, Kultur und Freien Medien als Teil der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge.

Ohne freie Kunst, Kultur und Medien drohen wir in autoritären Verhältnissen unterzugehen. Völkischer Nationalismus, Antisemitismus, antifeministischer Backlash müssen verhindert werden. Rassismus, Trans- und Homophobie sowie jeder anderen Art der Diskriminierung gilt es konsequent entgegenzutreten. Kunst und Kultur können nicht alles lösen. Sie tragen aber grundlegend zu einer offenen, demokratischen Gesellschaft bei. Die Förderung von zeitgenössischer Kunst und Kultur ist ein unerlässlicher Beitrag dazu. 

Kulturpolitisches Programm für die Zukunft
 

Arbeit und Einkommen

Die Einkommenssituation im Sektor Kunst, Kultur und Freie Medien ist nach wie vor geprägt von Unterbezahlung bis hin zur Selbstausbeutung. Die Verhandlungsposition von Künstler_innen und Kulturarbeiter_innen ist denkbar schwach, kollektive Verhandlungsmöglichkeiten stehen erst am Beginn. Mit der teilweisen Etablierung von Fair Pay im geförderten Bereich hat sich zuletzt einiges bewegt. Es gilt das Momentum beizubehalten für:

Faire Bezahlung für Arbeit = Fair Pay als Grundsatz in Kunst, Kultur und Freien Medien:

  • Faire und angemessene Bezahlung als Fördervoraussetzung bei allen öffentlichen Förderungen und entsprechende Bemessung der Förderhöhen
  • Etablierung von Fair Pay als Standard auch im nichtgeförderten Bereich
  • Jährliche Evaluierung der Fortschritte des Fair-Pay-Prozesses, regelmäßige unabhängige Studien und Veröffentlichung der jeweiligen Ergebnisse
  • Implementierung der Leitlinien der Europäischen Kommission für Kollektivverträge von Solo-Selbstständigen in österreichisches Recht 

Faire Bezahlung für Werknutzung = angemessenes Entgelt aus der Verwertung der Rechte für Urheber_innen und ausübende Künstler_innen:Fair Play als Grundsatz in Kunst, Kultur und Freien Medien:

Soziale Rechte

Künstler_innen, Kultur- und Medienarbeiter_innen manövrieren in ihrem Arbeitsleben vielfach durch multiple, parallele und abwechselnde Erwerbsformen. Phasen der Erwerbslosigkeit sind ebenso typisch wie unsichere Einkommensperspektiven und hohe Armutsgefährdung. In den Sozialversicherungssystemen ist diese Realität nicht abgebildet, existenzbedrohende Situationen können jederzeit entstehen – und das gilt für viele andere prekär Tätige gleichermaßen. Versicherungslücken, Altersarmut und ein eklatanter Gender Pay Gap verschärfen die soziale Schieflage zusätzlich. Der Kulturrat Österreich fordert: 

Weiterentwicklung des Künstler_innen-Sozialversicherungsfonds (KSVF):

  • Ausweitung der grundsätzlich Zuschussberechtigten auf Künstler_innen, Kultur- und Medienarbeiter_innen
  • Anhebung des Zuschusshöchstbetrags 
  • Abschaffung der Einkommensuntergrenze und Erhöhung der Obergrenze 
  • Ausweitung des Einzahler_innenkreises und zukunftsfähige Sicherung der Fondseinnahmen unter Berücksichtigung aktueller technischer Entwicklungen

Absicherung in Phasen der Erwerbslosigkeit:Soziale Absicherung in allen Lebenslagen:

Budget und Förderpolitik

Dotierung und Förderpraxis müssen die faire Bezahlung von in Kunst und Kultur Tätigen und die Etablierung von Kollektivverträgen ermöglichen, ohne die Anzahl und Vielfalt der geförderten Aktivitäten und deren Ausstattung zu reduzieren. Dafür bedarf es einer signifikanten Budgeterhöhung für Kunst und Kultur und eines nachhaltigen Finanzierungsplans aller Gebietskörperschaften auf Basis einer zeitgemäßen Förderpolitik und -verwaltungspraxis.

Zuverlässige Förderung von Kunst und Kultur:

  • Für die Freie Kunst- und Kulturszene Verdoppelung des Budgets, das bedeutet: Anhebung des auf Basis des Kunstförderungsgesetzes vergebenen Förderbudgets auf mindestens 0,2 Prozent der Bundesausgaben 
  • Anhebung der öffentlichen Kunst- und Kulturausgaben auf mindestens 1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Basis definierter Wirkungsziele
  • Konsequente jährliche Valorisierung der Budgetmittel, für die prekäre Freie Szene sind fehlende Indexierungen Existenz gefährdend
  • Absicherung und Weiterentwicklung einer vielfältigen Kunst- und Kulturproduktion sowie  vermittlung mit niedrigen Zugangsschwellen für alle in Österreich lebenden Menschen als integraler Teil der Daseinsvorsorge (öffentliche Infrastruktur von Wasser- und Energieversorgung, Bildung über Gesundheit bis Kunst und Kultur)

Grundlegende Reform des Förderwesens für eine zeitgemäße Förderpolitik:Modernisierung der Vergabepraxis = mehr Effizienz, Transparenz und Planbarkeit:

Medien-, Bildungs- und Gesellschaftspolitik

Kunst und Kultur sind nicht isoliert zu betrachten. Eine aktive Kulturpolitik muss den Blick auf politische Gestaltungsräume in allen Bereichen des Zusammenlebens richten. Das heißt: Neben naheliegenden Feldern wie Bildungs- oder Medienpolitik ist Kunst und Kultur jedenfalls auch im FremdenUNrecht und bei der Regulierung neuer technologischer Entwicklungen in den Fokus zu nehmen:Öffentlich-rechtliche und Freie Medien stärken:

  • Politisch unabhängiger ORF und dementsprechende Gremienreform (Stiftungs- und Publikumsrat), die Expert_innen aus Kunst und Kultur verpflichtend einbindet
  • Konsequente Stärkung Freier Radios und Community TVs durch Weiterentwicklung von Förderungen und rechtlichen Rahmenbedingungen, die sowohl den Alleinstellungsmerkmalen Offener Zugang, Werbefreiheit und Gemeinnützigkeit als auch dem Entwicklungsbedarf aufgrund des digitalen Wandels Rechnung tragen.
  • Stärkere Berücksichtigung und Sendung von Kunst- und Kulturproduktionen aus Österreich
  • Weiterentwicklung und finanzielle Aufstockung der qualitätsorientierten Medienförderung und Journalist_innenausbildung 

Kunst und Kultur in alle Facetten der Bildungspolitik einbeziehen, notwendige Strukturen für kulturelle Bildung ausbauen:Strukturelle Einbeziehung der Zivilgesellschaft:Einhaltung internationaler Verpflichtungen:Kunst und Kultur als Querschnittsmaterie etablieren:Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) reglementieren:


Der Kulturrat Österreich ist der Zusammenschluss von Interessenvertretungen in Kunst, Kultur und Freien Medien. Gemeinsam vertreten diese IGs rund 5.000 Einzelmitglieder sowie 60 Mitgliedsverbände mit deren 360.000 Mitgliedern, über 1.000 Kulturinitiativen und 16 freien Rundfunkstationen. Die IG Kultur Österreich ist Gründungsmitglied und Vorstandsmitglied.

Bildcredit: Thx4Stock

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