Nach fast zehn Jahren Kampagne hat es Fair Pay ins Regierungsprogramm geschafft. Auch einige Bundesländer sind nachgezogen, bzw. Salzburg zieht voran. Wo stehen der Bund, die einzelnen Bundesländer und die Städte in der Umsetzung von Fair Pay für Kunst und Kultur? Welche weiteren Schritte stehen an? Wie ist die Lage für Kulturinitiativen, wie für Einzelkünstler*innen in den verschiedenen Sparten?


„Der Sektor hat eine veritable wirtschaftliche Bedeutung. Es sind 150.000 Beschäftigte und eine brutto Wertschöpfung von 9,8 Milliarden Euro jährlich. Warum leben dann so viele, die in diesem Bereich tätig sind, an oder unter der Armutsgrenze?“ bemerkt Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur, und hat sofort eine der Ursachen ausgemacht: „Ein Punkt ist, dass über 98% der Arbeitnehmer*innen in Österreich durch Mindeststandards wie Kollektivverträge oder ähnlichem geschützt sind. Das gibt es in der freien Kulturarbeit nicht. Bei Freien und Selbstständigen sei sowieso „alles Verhandlungssache“. Nach unten gibt es also keine Grenze.“ Eva-Maria Bauer, Österreichischer Musikrat, dazu: „Wir beschäftigen uns mit zwei zentralen Fragen: 1. Was ist unsere Kunst wert und 2. Wie können wir die Arbeitsbedingungen verbessern?“ Viel zu häufig kommt es zu massiver Unterbezahlung. Das ist keine angemessene Anerkennung der künstlerischen Leistung, kein Fair Pay. Dabei sind die Betroffenen häufig nicht versichert, auch die Gefahr der Altersarmut lauert auf sie. Es sind keine Einzelbeispiele von Menschen, die schlicht schlecht verhandeln. Es sind strukturelle Probleme.

Videomitschnitt der Veranstaltung:

https://youtube.com/watch?v=JBjbT_7Php4%3Fstart%3D112

Fair Pay steht hier für faire Löhne und Honorare, faire Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung. Fair Pay muss als Förderkriterium etabliert werden, um wirklich durchgesetzt zu werden. Da die meisten Arbeit- und Auftraggeber*innen im Kunst- und Kulturbereich öffentliche Gelder erhalten, können sie flächendeckend über Förderkriterien dazu gebracht werden, tatsächlich Fair Pay zu bezahlen. Damit die Fördertöpfe nicht schrumpfen und damit auch die Kultur, also quasi immer mehr um weniger Ressourcen kämpfen, müssten die Fördertöpfe erhöht werden. Um zu wissen, wieviel fehlt, muss also zunächst der Fair Pay Gap erhoben werden, also die Differenz zwischen den bezahlten Löhnen und Honoraren und jenen, die gezahlt werden müssten, würde die Arbeit Fair bezahlt werden.

Nach über zehn Jahren Lobbyarbeit und Fair Pay Kampagne der IG Kultur ist es endlich gelungen, Fair Pay in einem Regierungsprogramm zu verankern. Die Pandemie kam bekanntlich dazwischen, es gab auch einen Wechsel im Kulturministerium. Andrea Mayer wirkte dabei nicht immer voll motiviert, Fair Pay pragmatisch umzusetzen. Während Salzburg zeigte, dass der oben geschilderte Vorgang in wenigen Monaten umsetzbar ist, kam die Bundespolitik nicht recht vom Fleck. Auch die anderen Bundesländer sind bei diesem Vorgang unterschiedlich weit – und willens.

Die Intention des Bundes, der 2020 gestartet wurde, hat allerdings bewirkt, dass in fast allen Bundesländern ähnliche Prozesse in Gang gesetzt worden sind. Es gibt also zumindest die Bekenntnisse, immerhin haben Bund, alle Bundesländer, Städte- und Gemeindebund das Strategiepapier unterschrieben. „Das Wort Strategie ist dabei irreführend, denn die Idee ist, dass alle eine eigene Strategie verfolgen können, das führt dazu, dass alle Bundesländer eigene Strategien verfolgen, also auch zu dem Fleckerlteppich, den wir jetzt haben,“ so Elena Stoisser der IG KIKK.

Allen voran ist Salzburg das Paradebeispiel. Salzburg hat einen transparenten und strukturierten Prozess vorgelegt, einer Fair Pay Erhebung, einer Zieldefinition und klarer Umsetzungsschritte in einem Zeitplan von vier Jahren. Die Kultur wurde in den Prozess einbezogen, auch die freie Szene. Tirol hat sich später an Salzburg orientiert und Zuschüsse eingeführt. Auch hier gab es eine Erhebung und Einbezug der Kultur. Diese Zuschüsse gab es dann auch in Niederösterreich. „Wir hoffen, dass die auch der freien Szene zugute kommen,“ so Elena Stoisser. In der Steiermark gibt es eine Arbeitsgruppe, die sich im Rahmen der Kulturstrategie damit beschäftigt und auch Interessengemeinschaften einbindet. In Kärnten und Vorarlberg gab es Erhebungen, in Vorarlberg allerdings nur in landeseigenen Betrieben, die nicht öffentlich sind. Die intransparente Vorgehensweise wird von der IG Kultur Vorarlberg kritisiert. Oberösterreich plant eine Erhebung und hat erst kürzlich eine Arbeitsgruppe erstellt. Wien hat umfangreiche Maßnahmen gesetzt, die schon etwas undurchsichtig wirken. Eine Evaluation der Maßnahmen erwähnte positiv die Budgeterhöhung, kritisierte allerdings, dass es undurchsichtig ist, wohin die Mittel tatsächlich fließen.

Elena Stoisser meint, man könne doch voneinander lernen. Der Prozess aus Salzburg ist kopierbar. Auch die ernsthafte Beteiligung der Interessenvertretungen von Kunst und Kultur ist vorteilhaft. „Das erstaunliche war, dass Fair Pay in aller politischen Breite plötzlich Konsens war“, zeigte sich Thomas Randisek, Dachverband Salzburger Kulturstätten, überrascht. Am Ende war sogar die FPÖ dafür. Ein transparenter Prozess, der die Betroffenen einbezieht wird also zur Erfolgsgeschichte. „Eigentlich müsste nur die Vorgehensweise übernommen werden, dann wäre die Sache geritzt,“ so Randisek. Dann gibt es wohl keine Ausreden mehr.

Beitrag als Podcast:

https://cba.fro.at/624765/embed?audio&q=1